Alle Beiträge von Antje Lehbrink

VON DEN ERSTEN SCHRITTEN ZUR PATENSCHAFT

Wegbegleiter David berichtet von seinen Erfahrungen

Aufmerksam geworden bin ich auf den Kölner Kreidekreis durch einen Zeitungsbericht. Von der Arbeit des Vereins hatte ich bis dahin noch nichts gehört, aber dieser Bericht brachte mich sehr zum Nachdenken: Die Kinder im Kinderheim stehen in der Regel mit Erziehern oder Vertretern der verschiedenen Institutionen in Kontakt, einige besitzen jedoch kaum Kontakte außerhalb des Kinderheims. Und dass für diese dann nach Erreichen der Volljährigkeit bzw. nach ihrem Auszug aus dem Heim keine erwachsene Bezugsperson mehr vorhanden ist, war mir schlicht vorher nicht bewusst. Ich habe mich dann gemeinsam mit meiner Frau viel mit dem Thema Patenschaft auseinandergesetzt und mir Fragen gestellt:

• Passt eine Patenschaft in mein Leben?

• Kann ich den Anforderungen an eine Patenschaft gerecht werden?

• Was kann ich einem Kind bieten – und wie kann auch mich persönlich die Patenschaft bereichern?

• Kann ich auch die erforderliche Zeit aufbringen?

Nach einem ersten Kennenlern-Telefonat mit dem Kölner Kreidekreis, einem Hausbesuch und verschiedenen Vorbereitungsseminaren war es dann soweit – es erreichte mich der langersehnte Anruf, dass ein Junge aus einer Einrichtung einen Paten sucht und er zu mir passen könnte. Ich sagte am Telefon „Ja“ und wenige Tage später fand ich dann in meinem Briefkasten den Fragebogen, den der ausgewählte Junge ausgefüllt und in dem er seine Erwartungen und Wünsche an die Patenschaft formuliert hatte. Welch Vorfreude – und gleichzeitig kamen Zweifel auf. Ob ich der Richtige für den Jungen sein kann? Ob ich ihm gerecht werde, ob ich ein guter Pate werden kann?

Die Neugier und die Freude wuchsen jedoch täglich und so war es dann bald soweit: Das erste Treffen stand bevor. Nach einem weiteren Vorbereitungsgespräch und in Begleitung von Antje Lehbrink, Projektleiterin auf Seiten des Kölner Kreidekreises, machte ich mich auf in die Einrichtung. Ein seltsames Gefühl, hatte ich doch vorher diese Welt nie betreten und auch nie ein Kinderheim von innen gesehen. Doch die Nervosität verflog schnell, als ich meinem Patenkind dann das erste Mal gegenüberstand. Er war mir gleich sympathisch und wir kamen sofort ins Gespräch. Alle vorherigen Sorgen lösten sich im Gespräch in Luft auf und die Zeit verging wie im Flug, knapp drei Stunden unterhielten wir uns und begannen, uns gegenseitig kennenzulernen.

Drei Treffen sind nun seit dem ersten Kennenlernen vergangen und jedes Treffen hat mehr Tiefe gewonnen. Ich habe mehr von seinen Gedanken, seinen Plänen und seinem Leben erfahren. Gleichzeitig hat er mir viele Fragen gestellt, die auch mich zum Überlegen gebracht haben. Ich hoffe sehr, auf dieser Basis weiter aufzubauen und gegenseitiges Vertrauen zu erlangen. Ich danke meinem Patenkind für die tollen, bereichernden und spannenden Treffen und freue mich auf den übernächsten Sonntag, wenn ich die nun nicht mehr ganz fremde Welt erneut betreten darf.

DIGITALE UND ANALOGE IDEEN WÄHREND CORONA

Heute möchten wir unseren Wegbegleitern ein schönes Projekt ans Herz legen, in dem ihr vielleicht einige Inspiration findet für die „digitale Gestaltung“ euerer Patenschaft.

„Kein Abseits! e.V.“ ist ein Berliner Verein, der z.B. geflüchteten Kindern oder solchen, die aus anderen Gründen Bedarf haben, Mentoren an die Seite stellt. Blitzschnell hat der Verein reagiert, als die Kontaktsperre erlassen wurde, und zwar mit einer tollen Ideensammlung, was man alles ohne persönlichen Kontakt miteinander machen kann.

Hier sind vor allem zwei Reiter interessant:

2) digitale Tandem-Aktivitäten: Ideen und Tipps für die digitale Tandembeziehung (darunter Offline-Aktivitäten im digitalen Raum, Spiele-Apps, Kommunikationsmöglichkeiten, Ideenplattformen, Lernplattformen),

3) digitale Aktivitäten und Bildungsangebote für Kinder Zuhause: Ideen und Tipps für Kinder und Familien (z.B. Filme, Lernplattformen, Lernhilfen, Medien, virtuelle Rundgänge, Beratungsangebote, Ideenplattformen),

Außerdem freut sich der Verein riesig, wenn ihr unter „Eigene Ideen“ eintragt, was euch noch so einfällt.

Wir wissen, dass es oft an der Ausstattung scheitert; gerade die Jüngeren haben meist kein eigenes Smartphone oder nur begrenztes Guthaben. Aber manchmal lässt sich ja auch der Gruppen-PC für den Kontakt nutzen.

Es gibt auch Bastelideen, die sich vielleicht auch ganz analog umsetzen lassen, zB, indem ihr eurem Patenkind Material und eine Anleitung zukommen lasst und schon mal den Anfang macht!?

Einiges lässt sich auch variieren, zB muss man ja nicht unbedingt live vorlesen, sondern kann auch regelmäßig Audiodateien schicken – oder schlicht am Telefon vorlesen.

Wir haben auch schon von Tandems gehört, wo der Pate zB jeden Tag oder jede Woche eine kleine Knobelaufgabe schickt.

Oder ihr beginnt ein Tagebuch, ganz analog, das ihr euch dann hin- und herschickt; ihr könnt eurem Patenkind ja einen frankierten Rückumschlag beilegen. Möglich wäre auch, dass ihr einzelne Seiten gestaltet, die erst am Ende zusammengebunden werden, sodass ihr nicht immer auf das Buch warten müsst.

Oder ihr schickt eurem Patenkind mit eurer Post frankierte Postkarten an euch, die es dann individuell gestalten kann …

Wir freuen uns, wenn ihr uns weitere kreative Ideen schickt, gerne auch im Bild dokumentiert, und werden diese dann jeweils gerne weitergeben!!

Wie geht man mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen um?

Niederkassel, den 12.02.2020. 80 Prozent der Kinder, die nicht bei ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, haben traumatische Erfahrungen wie Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch erlebt. Das Verhalten dieser Kinder wirkt oft unberechenbar und unangemessen. Wie also damit umgehen, wie die Kinder heilen und stärken? Der Kölner Kreidekreis e.V. lud am 6.2. Psychologin und Buchautorin Irmela Wiemann ein, die in einem aufschlussreichen Vortrag knapp 70 Wegbegleiter-Paten für Kinder und Jugendliche in der stationären Jugendhilfe und Mitarbeiter der der kooperierenden Einrichtungen aufklärte.

Paula mal wieder! Sie tritt die Katze, schlägt Ronnie aus ihrer Wohngruppe, schreit herum. Im nächsten Moment hat man den Eindruck, es sei nie etwas passiert. Viele Erzieher kennen das – und stellen sich täglich neu viele Fragen und einer großen Herausforderung. Aber ist Paulas Verhalten wirklich unangemessen? Keineswegs, wenn man es aus traumapädagogischer Perspektive beleuchtet – und das tat Irmela Wiemann, Expertin für fremdplatzierte Kinder, in einem kostenlosen Vortrag für Wegbegleiter-Paten von Kindern in der stationären Jugendhilfe sowie für Fachpersonal aus den entsprechenden Einrichtungen. 70 Teilnehmer waren im Eltzhof in Porz-Wahn erschienen, die Veranstaltung war komplett ausgebucht

Bildunterschrift: Psychologin und Traumaexpertin Irmela Wiemann