Was bedeutet es, beim Kölner Kreidekreis eine ehrenamtliche Patenschaft für Kinder oder Jugendliche zu übernehmen, die im Rheinland in Heimen leben?
APRIL 2025. Am ersten Online-Info-Abend des Kölner Kreidekreises am 7. April nahmen 35 Interessierte teil, die sich vorstellen können, junge Menschen über viele Jahre zu begleiten: Viele schalteten sich aus Köln und Bonn zu, einige kamen aus den linksrheinischen Städten Euskirchen und Bornheim, die meisten aus dem rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis: aus Niederkassel, Königswinter, Siegburg, Sankt Augustin, Hennef, Lohmar, Neunkirchen-Seelscheid und Eitorf.
Kreidekreis-Geschäftsführerin Ute Wiedemeyer und Projektleiterin Elena Stuffer präsentierten uns und unsere Arbeit. Vorstand Thomas Preuß machte sich parallel daran, die Fragen im Online-Chat zu beantworten.

Der Kölner Kreidekreis ist ein Träger der freien Jugendhilfe mit aktuell 160 Mitgliedern. Zielgruppe des Vereins sind Kinder und Jugendliche im Alter von etwa 5 bis 27 Jahren, die außerhalb ihrer Wohngruppe niemanden haben, dem sie sich anvertrauen können. Diesen Kindern vermitteln wir seit fast 20 Jahren ehrenamtliche Wegbegleiter-Patinnen und -Paten, die sie regelmäßig treffen, die etwas mit ihnen unternehmen und langfristig für sie da sind – und damit ein Stück weit einen Ersatz für die fehlende Familie darstellen.
Wie viel zeitlichen Bedarf sollte man als Pate oder Patin mindestens einplanen?
Wir erwarten, dass die Paten und Patinnen sich ungefähr alle zwei Wochen Zeit für ein Treffen nehmen. Anfangs dauert das vielleicht ein paar Stunden, später einen halben Tag oder auch mehr, wenn es für beide Seiten passt. Wenn sich die Patenschaft langsam festigt, können die Kinder auch übers Wochenende bei der Patin oder dem Paten bleiben, wenn alle Beteiligten einverstanden sind: Kind, Bezugserzieher/in, der Vormund bzw. die Person, die das Sorgerecht hat, und Pate oder Patin.
Wie sehen die Treffen mit den Patenkindern normalerweise aus? Gibt es einen Unterschied zwischen Patenschaften mit Kindern und mit Careleavern?
Bei kleineren Kindern ist der Beziehungsaufbau am Wichtigsten, hier heißt es wirklich: einfach da sein, sich regelmäßig und zuverlässig treffen, alltägliche Dinge unternehmen. Kinder wünschen sich typischerweise jemanden zum Spielen, Kochen, Schwimmen, Reiten, Spazieren oder Eis essen. Man kann auch kleinere Ausflüge unternehmen oder Filme schauen.
Careleaver dagegen haben eher mehr spontanen Gesprächsbedarf und benötigen Unterstützung im Alltag. Je nachdem ist den älteren Jugendlichen der Zwei-Wochen-Rhythmus nicht so wichtig; dafür telefoniert man vielleicht zwischendurch öfters mal, allein schon, damit sie sich nicht so einsam fühlen, was nach dem Auszug aus der Wohngruppe leider häufig der Fall ist.
Könnt Ihr noch mal den Unterschied zwischen Pate, Patenkind und Careleaver erklären?
„Patenkinder“ sind für uns alle jungen Menschen im Alter von etwa 5 bis 27 Jahren, die in einer Einrichtung wohnen und eine Patin oder einen Paten suchen oder haben. „Paten“ sind die ehrenamtlich tätigen Erwachsenen, die die Kinder oder Jugendlichen begleiten. „Careleaver“ sind die jugendlichen Patenkinder im Alter ab 16 Jahren, die bald aus ihrer Wohngruppe ausziehen müssen oder schon ausgezogen sind.
Kann es hilfreich sein, wenn ich als Patin bei der Wohnungs- oder Arbeitsplatzsuche unterstütze?
Auf jeden Fall! Bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die ihre Wohngruppe irgendwann verlassen oder schon verlassen haben (also den „Careleavern“), kann man bei schulischen Dingen oder der Ausbildungsplatzsuche unterstützen, bei der Haushaltsgründung oder Wohnungsfindung. Aber auch hier ist der zuverlässige Kontakt wichtig, vor allem, um der oben angesprochenen Einsamkeit vorzubeugen, die leider viele Careleaver trifft.
Sollten die Treffen vorzugsweise am Wochenende stattfinden, oder auch unter der Woche?
Das sprecht Ihr mit den Kindern und der Einrichtung ab. In den meisten Fällen eignet sich das Wochenende eher.
Der Verein ist Träger der freien Jugendhilfe. Inwiefern ist das Jugendamt in die Vermittlungen bzw. die Patenschaft involviert?
Das Jugendamt, der Vormund oder Sorgerechts-Tragende muss einer Patenschaft aktiv schriftlich zustimmen. Ohne diese Zustimmung kann keine Patenschaft zustande kommen.

Wir sind mehrmals im Jahr für mehrere Wochen im Ausland. Wie sinnvoll ist es da, eine Patenschaft zu übernehmen? Können wir das als Paar gemeinsam machen?
Wenn Ihr nur die „übliche“ Urlaubsreise meint, ist das kein Problem. Wenn Ihr aber einen zweiten Wohnsitz im Ausland habt und dort übers Jahr mehrere Monate verbringt, in denen Ihr das Kind nicht treffen könnt, wird es vermutlich schwierig und würden wir von einer Patenschaft eher abraten. Paare können auch gemeinsam eine Patenschaft übernehmen.
Ich habe ein 11 Jahre altes Kind. Passt das grundsätzlich zu einer Patenschaft?
Meistens ja. Wir berücksichtigen das bei der Auswahl des potenziellen Patenkindes.
Werden die Kinder/Jugendlichen in die Entscheidung über den Paten einbezogen oder entscheiden das die Betreuer/Sozialarbeiter/das Jugendamt?
Bei jüngeren Kindern sind es oft die Bezugserzieher/innen in den Wohngruppen, die an uns herantreten mit der Frage, ob wir für Amalia oder Benito einen Paten oder eine Patin haben. Ältere Jugendliche kommen auch schon mal von sich aus auf uns zu. In jedem Falle müssen es aber beide Parteien wollen. Sowohl die Kinder als auch die potenziellen Paten erhalten dann zunächst Kurzinfos zu der jeweils anderen Person, die wir empfehlen würden. Anschließend lernen sich beide zusammen mit uns und den Betreuern kennen. Und am Ende müssen natürlich beide mit dieser Patenschaft einverstanden sein, sonst kommt sie nicht zustande.
Wir haben kein Auto. Ist das ein Problem?
Mobilität ist wichtig, ein Auto nicht unbedingt. Wir würden dann schauen, ob es in der Nähe ein Kinderheim (Wohngruppe) gibt, das für ein Kind einen Paten sucht. Viele Patinnen und Paten fahren mit Bus und Bahn, das klappt meistens gut. Egal mit welchem Verkehrsmittel, man muss in der Regel mit circa 30 bis 45 Minuten Fahrzeit rechnen.
Gibt es eine sinnvolle Altersbegrenzung für die Paten?
Eigentlich nicht. Am „unteren Ende“ der Altersspanne solltest Du Deine Ausbildung abgeschlossen haben und irgendwo sesshaft geworden sein. Am oberen Ende solltest Du Dich noch fit genug fühlen, um dieser Aufgabe vielleicht für 10 bis 15 Jahre gewachsen zu sein.
Werden die Paten über spezielle Bedürfnisse der Kinder, Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen informiert?
Auf jeden Fall. Besonderheiten, Behinderungen, regelmäßig zu nehmende Medikamente oder sonstige Auffälligkeiten werden vorher besprochen.
Welche Themen werden im Rahmen des Onboardings aufgegriffen?
Wir bereiten die Patinnen und Paten sehr umfassend auf ihre spätere ehrenamtliche Tätigkeit vor. Im zweiteiligen Einstiegsseminar reflektieren die Teilnehmer zunächst die eigenen Erfahrungen, Hoffnungen, Erwartungen und Ängste. Wir erklären unsererseits in groben Zügen das System der Jugendhilfe und legen dabei einen Schwerpunkt auf die Brüche und Traumata, mit denen die Kinder und Jugendlichen in ihrem Leben oft fertig werden müssen – denn die Patinnen und Paten sollen gut darauf vorbereitet sein, was einen in der Patenschaft alles erwarten kann.
Werde ich als Pate auch Mitglied im Verein?
Das ist zwingend, da Ihr als Pate oder Patin ja in gewisser Weise den Kölner Kreidekreis nach außen vertretet. Der Jahresbeitrag beträgt aktuell 60 Euro für Erwachsene. Ihr seid über den Verein auch bei Unternehmungen mit den Patenkindern versichert.
Nehme ich das Kind dann zu meiner Familienweihnachtsfeier mit? Wie weit geht die Einbindung in die Familie?
Das ist möglich, aber wird nicht erwartet. Du entscheidest das zusammen mit Deiner Familie, dem Kind und den Bezugserziehern oder -erzieherinnen.
Könnte es sein, dass das Patenkind außerhalb von dem Gebiet umzieht? Zum Beispiel nach Hamburg?
Das ist theoretisch denkbar, aber sehr unwahrscheinlich. Im Kindesalter kommt so etwas eigentlich nie vor, nach der Pubertät vielleicht schon. Wahrscheinlicher sind Umzüge in der Region, zum Beispiel von Bonn nach Köln, von Rösrath nach Bergisch Gladbach oder ähnlich. Dabei ändert sich zwar der Ort, aber meistens nicht die Fahrtzeit für die Paten.
Suchen Sie auch Paten für Kinder/Jugendliche mit besonderen Beeinträchtigungen/Behinderungen?
Ja. Wir suchen für junge und ältere Kinder, für „normale“ und körperlich oder geistig leicht eingeschränkte, aber nicht für Pflegefälle. Für Deutsche genauso wie für Jugendliche mit Migrationshintergrund.
Für weitere Informationen stehen wir unter info@koelnerkreidekreis.de oder telefonisch unter 02208-911705 gerne zur Verfügung.